ID: 748003
Femme fatale in der Geschichte, 10
icon NSC
Stufe: 1
TP: 63
Aggresions Radius: 0m

Dialogs:

Femmes fatales in der Geschichte



Band 10, Das weibliche Orakel Agren

Die Annalen der Zeit von Marchutans Konvent sind mit nur einem Makel befleckt, und dieser Makel trägt den Namen Agren. Sie brachte Schande über das Marchutans Konvent und war der alleinige Grund für die Abschaffung des althergebrachten Orakelwesens.

Für eine Person, die für so viel Unruhe sorgen sollte, kam Agren aus wenig verheißungsvollen, gewöhnlichen Verhältnissen. In ihren bescheidenen Anfängen gab es keinerlei Anzeichen für ihre unheilvolle Zukunft. Sie wuchs auf einer Farm in Beluslan auf und kam ursprünglich nicht etwa als Orakel zum Konvent - tatsächlich begann sie ihre Laufbahn dort als Dienerin eines Priesters, eines Anhängers des empyrianischen Gebieters Lord Marchutan.





Die Jahre zogen ins Land, und Agren verbrachte ihr Leben noch immer als Dienerin. Eines Tages jedoch schlug der Priester, in dessen Haus sie ihre Arbeit verrichtete, sie zur Ernennung zum Orakel vor.

Der Priester war der Ansicht, dass im Konvent dringender Bedarf für ein weiteres Orakel bestand und hielt Agren für gewissenhaft und verantwortungsbewusst genug, dieser Aufgabe gerecht zu werden.

Dutzende machten ihre Bedenken Agren bezüglich laut, und bezweifelten, dass ein einfaches Mädchen, das auf einer Farm aufgewachsen war, sich tatsächlich Hoffnungen auf den Aufstieg zum Orakel machen konnte. Die Bedenken der anderen zerstreute der Priester damit, dass er einem aufrichtigen Mädchen eine Chance gegeben hatte, ihre bescheidene Herkunft hinter sich zu lassen.





Diejenigen, die Agren als junges Orakel gekannt hatten, erinnerten sich oft an das unscheinbare Mädchen, das sie damals gewesen war. Sie war weder mit besonderer Schönheit noch herausragender Intelligenz gesegnet, zeichnete sich aber durch eine ausgeglichene Persönlichkeit aus, dank derer sie gut mit anderen zurecht kam.

Trotz Agrens bäuerlicher Herkunft strebte sie danach, das Tanzen zu erlernen und auch sonst an den Aktivitäten der kultivierten Gesellschaft teilzuhaben. Sie erarbeitete sich die gesellschaftliche Etikette, entwickelte eine förmliche Ausdrucksweise und las philosophische Werke von der ersten bis zur letzten Seite.

Und wie der Priester bezeugen konnte, brachte Agren eine tiefe Leidenschaft für alles mit, was sie in Angriff nahm. Einige waren der Ansicht, ihr Ehrgeiz sei so groß, dass sie oft die Arbeit der anderen ohne deren Einverständnis übernahm, was viele im Konvent jedoch als ängstliches Verlangen, einen guten Eindruck zu machen, bewerteten.

Tatsächlich schienen die Beschwerden über ihr Fehlverhalten von anderen Orakeln zu stammen, die sich durch Agrens Ehrgeiz bedroht fühlten. Agren schien nicht zuletzt in allem, was sie tat, verantwortungsbewusst zu handeln.



Nur selten zog sie Aufmerksamkeit auf sich ... bis zu jenem Tag, an dem sich alle Augen des Konvents auf sie richten sollten.

Nach einer langen und harten Schlacht kehrte der empyrianische Gebieter Lord Marchutan zum Konvent zurück, um einen Sieg für Asmodae zu feiern. Die Orakel bereiteten ein Bankett und einen Tanz zu Ehren Lord Marchutans vor, doch als der Tanz beginnen sollte, verlor eines der jüngeren Orakel das Bewusstsein, sodass die anderen Ersatz für sie finden mussten.

Agren erhob die Hand und sagte "Ich beherrsche diesen Tanz."

Die anderen Orakel waren überrascht: Wann und wo hatte Agren einen Tanz erlernt, den nur die erhabensten Orakel des Konvents beherrschten? Es blieb jedoch keine Zeit für Zweifel, und so begann der Tanz.





Agrens Anmut und Finesse waren überwältigend. Während die anderen Orakel ebenfalls tanzten, war es ihre Darbietung, die alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

Lord Marchutan saß in aller Stille da, und sprach erst, als der Tanz beendet war.

Ich danke Euch für Eure Darbietung, junges Orakel. Ihr müsst sehr lange geübt haben.

Obwohl es nicht oft geschieht, glaube ich, dass uns das Schicksal manchmal die Antwort vorenthält, die wir suchen. Die Willensstärke eines Einzelnen kann sehr mächtig sein, und vielleicht ist Euer Wille stark genug, das Schicksal zu bewegen, Euch eine andere Antwort zu offenbaren.

Obwohl sich dessen niemand bewusst war, hatte Lord Marchutan in diesem Augenblick Agrens Zukunft vorhergesagt. Da er nun aber ihr Schicksal kannte, warum traf er dann keine Vorkehrungen, um es zu verhindern? Die Motive der empyrianischen Gebieter liegen jenseits unseres Vorstellungsvermögens, und vielleicht wollte er Agren die Möglichkeit geben, dem Schicksal die Stirn zu bieten.





Mit zunehmendem Alter entwickelte Agren eine besondere Gabe dafür, andere dazu zu bewegen, sich ihr anzuvertrauen. Aufgrund ihrer Herkunft wirkte sie unschuldig, vertrauenswürdig und loyal.

Agrens bescheidenes Äußeres und ihre demütige Art schützten sie vor den erbitterten Konkurrenzkämpfen im Konvent. Tatsächlich hielten viele der älteren Orakel sie für gehorsam und zuverlässig. Diese Tatsache nutzte sie zu ihrem eigenen Vorteil, indem sie früher als andere Orakel ihres Alters von wichtigen Aufgaben erfuhr und entwickelte sich im Laufe der Zeit so zu einer Kandidatin für das Amt des obersten Orakels.

Schon bald liefen sämtliche vertraulichen Informationen, mit denen Orakel oder hochrangige Offiziere des Konvents betraut wurden, zu irgendeinem Zeitpunkt über Agren. Diese Informationen nutzte sie entweder, um ihre Position zu stärken oder die Konkurrenz zu schwächen.





Obwohl Agrens Motive nun auf der Hand lagen, wurde ihre Verruchtheit erst offenbar, als sie sich des zukünftigen obersten Orakels, Imevere, entledigte. Imevere war wunderschön, gütig und besaß ein reines Herz. Doch genau diese Reinheit des Herzens war es, die verhinderte, dass sie Agrens wahre Absichten erkannte.

Imevere und Agren verbrachten sehr viel Zeit miteinander, und wenige Tage vor Imeveres Ernennung zum obersten Orakel vergiftete Agren ihr Essen. Imevere sollte nicht mehr an der Zeremonie teilnehmen; in der Nacht vor der Zeremonie wurde sie krank und verstarb im Schlaf. Bis zum heutigen Tag weiß niemand, wie Agren an das Gift gelangen konnte, und zum damaligen Zeitpunkt hatte niemand auch nur den Verdacht geschöpft, dass sie Imevere vergiftet hatte.

Nach diesem Vorfall wurde Imevere begraben. Alle Anwesenden weinten, selbst Agren.



Erst bei der Ernennungszeremonie des obersten Orakels zeigte Agren ihr wahres Gesicht.

Spenden, Blumen und Gratulationsbriefe waren aus ganz Asmodae eingetroffen und viele von ihnen stammten von hochrangigen Daevas. Der gesamte Konvent war überrascht angesichts der Kontakte, die Agren insgeheim aufgebaut hatte. Unter ihnen waren angesehene Priester, Legions-Brigadegeneräle, berühmte Gelehrte und tausende weitere Anhänger.

Agren stolzierte mit Blumen geschmückt und die Insignien des obersten Orakels tragend in die Zeremonienhalle. Die alte Agren - dieses ruhige, demütige und gehorsame Mädchen aus benachteiligten Verhältnissen - gehörte der Vergangenheit an.



Mit ihrer Ernennung zum obersten Orakel riss Agren die absolute Macht über Marchutans Konvent an sich und setzte alles daran, diese Macht für sich zu behalten.

Der Priester, dem sie damals gedient hatte, wurde zu ihrem loyalsten Anhänger. Wenn es ein Orakel wagte, auch nur die leisesten Zweifel an Agren zu äußern, wurde es beschuldigt, seinen Eid gebrochen zu haben und aus dem Konvent verbannt.

Konventbesucher von hohem gesellschaftlichem Status wurden von Agren mit Wohlwollen empfangen und respektierten sehr schnell ihre fürsorgliche Persönlichkeit und Kultiviertheit. Im Gegenzug wohnte Agren inoffiziellen Versammlungen der Daevas bei, bei denen sie ermutigt wurde, ihre Meinung zu äußern.





Mit der Zeit hatte Agren sämtliche Bereiche der Daeva-Hierarchie unterwandert. Sie erschlich sich Informationen von ihren zahlreichen Kontakten und benutzte sie, um ihren Machthunger zu stillen.

Die Informationen, zu denen sie Zugang hatte, erstreckten sich oftmals über den Konvent hinaus, und einige davon betrafen sogar wichtige Entscheidungen des Rates. Dank dieser Informationen hatte Agren sich beschaffen, was immer sie wollte. Sie griff in Ratsentscheidungen ein, und stellte sicher, dass Schlüsselpositionen mit ihren bevorzugten Kandidaten besetzt wurden. Ihre Günstlinge stiegen ungeachtet ihrer Fähigkeiten in der Machthierarchie auf; ihre Gegner hingegen wurden gnadenlos verdrängt.









Als ihre Macht überwältigende Dimensionen erreicht hatte, ergriff der Hunger nach Reichtum von ihr Besitz. Sie verletzte den Kodex der Orakel, indem sie luxuriöse Gewänder trug und ihr Zuhause mit Diamanten, Saphiren, Smaragden und anderen Edelsteinen schmückte.

Agren veranstaltete im Geheimen eine Feier nach der anderen - dabei wurde getrunken, gesündigt und nach Gerichten und Getränken verlangt, die eigentlich den empyrianischen Gebietern vorbehalten waren.

Doch je extravaganter ihr Lebensstil wurde, desto weiter verbreitete sich die Kunde ihrer Korruption. Und zum ersten Mal überhaupt traten Hunderte vereint vor, um zu verkünden, dass Agren ihren Eid gebrochen hatte.







Unruhe verbreitete sich unter Agrens Anhängern, und viele lösten sich von ihr. Agren war blind vor Wut, und ihr Zorn trieb sie zu weiteren Intrigen, zu weiterer Zerstörung. Sie riss den Konvent auseinander, eliminierte alle, die sich ihr entgegenstellten. Dann bedrohte sie die Daevas, die sie bisher unterstützt hatten, mit ihrem Fehlverhalten.

Doch die unsterblichen Daevas kannten die Gefahren der Macht, und wussten, dass Agrens Ende kurz bevorstand.

War Agrens Schicksal bereits in dem Augenblick besiegelt, als sie den Konvent betrat? Oder waren ihr Aufstieg und Fall nur das Ergebnis ihrer Entscheidungen? Eine klare Antwort auf diese Fragen wird es vielleicht niemals geben. Agrens Erbe jedoch wurde mit den Worten des empyrianischen Gebieters Lord Marchutan besiegelt.





Der Gebieter hatte unbemerkt den Konvent aufgesucht, und fand Agren weinend in ihrer Unterkunft vor, inmitten der maßlosen Bequemlichkeiten und Reichtümer, die sie im Zuge ihrer Korruption angehäuft hatte. Marchutan legte seine Hand auf sie, und sprach mit sanfter Stimme.

Ich wollte das Schicksal auf die Probe stellen, und wie es scheint, habe ich versagt. Aber du hattest die Wahl, mein Kind, du hattest jederzeit die Wahl.

Lord Marchutan verurteilte Agren umgehend, und verbannte sie aus dem Konvent. Ihre loyalsten Anhänger ereilte dasselbe Schicksal.

Niemand weiß, was danach mit Agren geschah. Einige vermuten jedoch, dass sie dasselbe Schicksal ereilte wie ihre Geburtsstätte in Beluslan, die spurlos von der Bildfläche verschwunden war ...









Login to edit data on this page.
BBCode
HTML

Elyos
Asmodier